Wir sind im Reich der Toten angekommen. Aber hier müssen wir uns nicht vor den Toten fürchten - sondern eher vor den
Lebenden.
Auf den riesigen unübersichtlichen Friedhöfen finden sehr oft organisierte Raubüberfälle statt.
Hier ist alles wie in einem Irrgarten oder in einem Labyrinth. Die uralten Grabmale treiben einem selbst am Tage einen eiskalten
Schauer über den Rücken. Vorsichtig schleichen wir uns in den Friedhof. Hinter jedem Grab könnten sich die Überfallkommandos
verstecken. Wir achten auf jedes Geräusch. War gerade was ??? Wir quetschen uns durch die engen Gassen der Grabmale.
Hier möchte ich in der Dunkelheit nicht sein. Hier möchte ich nicht einmal begraben sein. Teilweise sind die Gräber aus dem
18. Jahrhundert. Ich schätze 90% der Toten sind deutscher Abstammung. Die Namen auf den uralten verfallenen Gräbern lauten:
Schumacher, Müller, Bachmeier, Kröger, Wolf, Stein, Baumann und ähnliches.
Bei jedem Geräusch zucken wir zusammen bleiben stehen und lauschen in die Stille. Wir machen jeden Schritt sehr vorsichtig um
keine Geräusche zu verursachen. Teilweise sind die Grabmale mit alten Farnen überwuchert. Teilweise sind die Platten mit den
Namen zerbrochen oder die Mauern der Gruften zerfallen. Bei jedem Schritt stellen sich die Nackenhaare. Trotz der 33 Grad spüre
ich eine innere Kälte. Nach einer Stunde verlassen wir das Reich der Toten und besuchen den Garden District.
Ein Beerdingsumgzug sieht dann in etwa so aus: Klick hier
Weiter geht es in den Garden District
Der Garden District ist das was ich mir unter den Südstaaten in der goldenen Zeit des Südens vorgestellt hatte.
Prächtige luxuriöse Herrenhäuser und Villen. Hier sieht man den alten Reichtum der Plantagenbesitzer, deren Nachfahren
noch heute von dem Blut der damaligen Sklaven leben. Hier sieht man das komplette Gegenteil vom alten, verfallenen
und asozialen French Quarter.
Uralte mit Spanish Moos bewachsene Virginia Eichen säumen die Wege. Die alten knochigen Bäume sprengen mit ihren riesigen
Wurzeln immer wieder die Gehwege. Hier konnte man vor 200 Jahren mit Sicherheit gut leben. Hier ist der Glanz des Südens
allgegenwärtig. Vom Winde verweht lässt grüßen.
Nach dem Bummel durch dieses Villenviertel suchen wir uns eine Haltestelle der historischen Strassenbahn.
Mit dieser fahren wir dann in unser Hotel zurück und lassen den Abend mit einem kühlen Bier am Pool ausklingen.
Am nächsten Tag geht es nach einem kurzen Frühstück zum Hafen.
Hier liegt die Natchez - ein alter Mississippi Schaufelraddampfer
aus dem letzten Jahrhundert. Es ist der einzig noch existierende Schaufelraddampfer der noch mit dem alten originalen
Dampfantrieb betrieben wird.
Unterwegs treffen wir einen Angler und im Vorbeigehen frage ich mich ob ich die Fische aus diesem Gewässer essen würde.
Auf unserem Weg zum Hafen stehen wie überall in der Stadt Musiker die versuchen durch ihr mehr oder weniger gutes Können
ein paar Dollar nebenbei zu verdienen.
Auf dem Fluß ziehen riesige Tanker und Transportschiffe an uns vorbei. Von hier gehen viele Waren in die ganze Welt. Von hier aus
ging ein Teil der Baumwolle um die Welt. Hier landeten viele Sklavenschiffe und brachten ihre menschliche "Ware" zum Verkauf
in den Hafen.
Dann kommen wir an der Anlegestelle der Natchez an. Sofort fühlt man sich ein bis zweihundert Jahre in der Zeit zurück
versetzt. Wir stehen vor dem stolzen Dampfer aus vergangener Zeit. Dieses Schiff transportierte vor langer Zeit alles von hier
und nach hierher was benötigt wurde. Überwiegend Passagiere. Natürlich, wie in Amerika überall üblich, stehen wir wieder einmal
in einer Schlange. Hoch oben auf dem Schiff spielt ein Orgelspieler auf der alten Dampforgel Südstaatenmusik - Dixie.
Es wirkt fast schon kitschig. Aber so muss es früher hier ausgesehen haben. So sind die Passagiere damals empfangen worden.
Dann dürfen alle auf das Schiff. Wie immer hier in Amerika geht es sehr geordnet zu. Keiner drängelt. Jeder lässt dem Anderen
den Vortritt. Wir suchen uns einen schattigen Platz hinten auf dem Oberdeck. Hier oben ist es dann sehr windig.
Zum Glück ist es windig. Wir sind in den Südstaaten und wir haben fast Juni. Es ist heiß. Wir haben um die 35 Grad und einen
fast wolkenlosen Himmel. Nach und nach gelangen die Passagiere auf das Schiff und suchen sich einen Platz. Plätze gibt es hier
genug. Kein Gedränge, kein Gerangel. Dann werden die Leinen gelöst und wir driften langsam in Richtung Flußmitte.
Zu meiner Verwunderung schaukelt das Schiff kaum. Der Druck in den großen Kesseln steht bereits zur Verfügung und bringt
die riesigen Antriebskolben in Bewegung. Das große Schaufelrad am Heck treibt das Schiff langsam vorwärts. Hier oben auf dem
Oberdeck bemerkt davon nichts. Ruhig und zügig gleitet der Dampfer durch den Mississippi.
Jetzt bin ich Tom Sawyer - oder doch eher Huckelberry Finn ? Jetzt fühle ich mich völlig in diese Zeit zurückversetzt.
Immer weiter geht es Flußabwärts. Langsam wird New Orleans immer kleiner am Horizont und wir haben einen herrlichen
Ausblick auf die Silhouette der Stadt.
Unten im Schiff ist das Buffet im alten Ballsaal eröffnet. Es gibt typisches Essen aus New Orleans.
Eine Band spielt live Blues, Jazz und Dixiemusik.
Ich nutze die Zeit um mich auf dem Schiff umzusehen. Man kann sich hier frei bewegen.
Nach zwei Stunden ist die Fahrt leider auch wieder vorbei. Ich hätte noch ewig hier ruhig und gelassen auf dem Schiff den
Mississippi befahren können - aber es geht zurück.
Wieder kreuzen große Tanker und Frachtschiffe unseren Weg. Der Fluß ist hier über 80 Meter tief. Man hat den Eindruck man ist
auf einem Ozean. Unter großen Brücken hindurch geht es zurück zum Hafen.
Zum Abschied verabschiedet sich die alte Lady mit einem ohrenbetäubenden Signal aus dem Dampfsignalhorn.
Nach ein paar für mich unvergesslichen Stunden auf "meiner" Natchez gehen wir zurück in Richtung Hotel.
Am Nachmittag haben wir noch einen Termin mit ein paar Aligatoren. Es geht in die tropischen Sümpfe Louisianas.
Plötzlich und unverhofft springt uns unterwegs noch ein leckers POBOY Hähnchensandwich vom Grill an.
Völlig erschrocken haben wir uns ein Herz gefasst und es verdrückt. Na ja, so schlimm war es dann doch nicht weil wir
das scharfe Hähnchen gleich mit einem kalten Bier gelöscht haben.
Am Hotel angekommen müssen wir von hier mit dem Mietwagen ca. 60Km an den Rand der Sümpfe fahren.
Von hier geht es dann mit einem kleinen flachen Boot in die Wildnis.
Wie klein und wie flach das Boot ist erfahren wir erst bei der Ankunft. Wir checken ein und werden von unserem
Kapitän Chris an eine kleine Anlegestelle im Sumpf gebracht.
Es ist ein kleines Boot - nein ein sehr kleines Boot. Als wir eingestiegen sind befindet sich die Wasserlinie ca. 25cm unter der
Bootskante. 25cm ?? Ich habe gehört Aligatoren können bis zu 2 Meter aus dem Wasser springen. Dann geht es los.
Langsam tuckern wir von der Anlegestelle in Richtung Flussmitte. Der Fluß fließt langsam und ruhig durch den Sumpf.
Es ist heiß - schwülheiß. Wir befinden uns im Dschungel. Spätestens jetzt macht sich unser aufgetragenes Mosquitospray bezahlt.
Überall um uns herum schwirrt und summt es. Überall um uns herum schnattert, quietscht, grunzt oder trällert es. Hier merkt man
das der Sumpf lebt. Im Moment bin ich noch froh das wir keinen Aligator sehen. Die Nähe zu der Wasseroberfläche macht mich
etwas unruhig. Chris erklärt uns dass wir noch etwas weiter nach oben am Fluß müssen um noch tiefer in den Sumpf
einzudringen. Festhalten - er gibt Gas. Unter dem heftigen Vorschub des großen Motors hebt sich das kleine Boot sofort mit
der Spitze mindestens 1 Meter aus dem Wasser. Wir werden nach hinten gedrückt. Mit rasanter Fahrt geht es am
undurchdringlichen Dschungel den Flußlauf hinauf. Die heiße Luft bläßt uns wie ein Fön ins Gesicht. Trotz des Fahrtwindes
ist es immer noch heiß. Dann stoppt der Motor und die Spitze des Bootes sinkt wieder nach unten. Wir werden langsamer
und dümpeln schließlich nur noch über das Wasser. Käpten Chris schlägt mit der flachen Hand ein paar mal aufs Wasser.
Ich bezweifle dass das eine gute Idee ist. Es passiert nichts - gar nichts. Wir dümpeln weiter in dieser braunen
Sumpfbrühe inmitten eines Dschungels. Wir sind umgeben von hohen uralten Zypressen die mit spanischem Moos bewachsen
tief im Wasser stehen. Wir lauschen den Geräuschen des Dschungels. Wenn ich mir es jetzt in dieser kleinen Nußschale
recht überlege möchte ich doch lieber keine Aligatoren sehen.
Unser Bootsführer schlägt wieder ein paar mal mit der Hand auf die Wasseroberfläche. Nichts passiert.
Plötzlich wie aus dem Nichts ein Schatten im Wasser. Ein großer Aligator steuert direkt auf uns zu.
Immer näher zieht er seine Kreise ums Boot.
Ca. 2 Meter vor dem Boot taucht er ab. Sofort fällt mir die Springfähigkeit von Aligatoren wieder ein.
Er wird doch nicht zum Sprung ausholen?
Einige Sekunden später taucht er vor mir auf und schaut mich neugierig an. Er ist ca. 40 Zentimeter von mir entfernt. Wenn ich
die Hand ausstrecke kann ich ihn anfassen. Chris erklärt uns aber dass das keine wirklich gute Idee wäre.
Aligatoren schnappen sich einen Arm oder ein Bein in einem Bruchteil einer Sekunde und zerren dich ins Wasser.
Dort drehen sie sich schnell um die eigene Achse um das Körperteil vom Rumpf abzureissen.
Kapitän Chris ist sich nicht sicher ob man zuerst verblutet bevor man ertrinkt oder zuerst ertrinkt bevor man verblutet.
Aber egal wie das verläuft - es geht in jedem Fall schlecht für das Opfer aus.
Der Aligator starrt mich mit seinen kalten Augen immer noch an.
.
Plötzlich taucht er ab und ist verschwunden. Wir setzen die Fahrt fort und kommen an einigen Häusern vorbei. Hier tief im Sumpf
leben heute immer noch Menschen.
Wir dümpeln langsam immer tiefer in den dichten Zypressenwald.
Überall um uns herum tauchen immer wieder kleine und große Aligatoren aus dem Wasser auf um uns neugierig nachzusehen.
Einige von ihnen verfolgen unser Boot auch eine zeitlang um dann wieder plötzlich zu verschwinden.
Als ich den Aligator oben auf dem Bild fotografiere bemerke ich dicht hinter mir eine Bewegung. Ein großer Schatten der mit
lauten Wassergeräuschen schnell näherkommt. Als ich mich umdrehe wäre ich vor Schreck fast ins Wasser gefallen.
Die blöde Drecksau hat mich fast zu Tode erschreckt. Unser Kapitän erklärt uns das es ein altes bekanntes Schwein ist das er kennt.
Es kommt immer vorbei um neugierig die komischen Wesen zu begutachten die hier so gar nicht herpassen.
Der Name des Schweins ins Kevin P. Bacon.
Plötzlich tauchen noch andere Wasserschweine in der Nähe auf um uns neugierig nachzusehen.
Chris erklärt uns das diese Schweine die gefährlichsten Tiere hier im Sumpf sind. Er ist hier aufgewachsen und lebt hier seit über 30
Jahren. Zwischenfälle oder Unfälle mit Aligatoren und Menschen gibt es und gab es hier noch nie. Die meissten
tödlichen Unfälle geschehen hier mit diesen Schweinen. Bei einem Angriff rennen die 300 Kg Schweine einen einfach um,
beissen kurz zu und verschwinden im Dschungel. Dann warten sie. Diese Schweine haben in ihrem Maul eine Bakterienkultur
die bei allen Opfern innerhalb von 24 Stunden durch eine Blutvergiftung zum Tode führt. Ein Gegenmittel gibt es nicht.
Nach ca. 3 Stunden geht es zurück. Wir verlassen den Sumpf.
Nach einem kurzen Einkaufsstop bei einem Walmart geht es ins Hotel zurück. Wir müssen früh ins Bett, da wir morgen eine lange
Fahrstrecke vor uns haben.
Nach dem Ausflug nach Big Easy (so wird New Orleans hier genannt) geht es an den Golf von Mexico.
Einen Nachmittag wollen wir am Strand verbringen. Heutiges Ziel ist Panama City Beach in Florida.
Wir durchqueren den gesamten Bundesstaat Alabama, singen das Lied "Sweet Home Alabama" und kommen schließlich
im Sonnenstaat Florida an. Hier ändert sich die Landschaft. Die dichten und grünen Wälder weichen den Palmen.
Ein paar Stunden später kommen wir dann in unserem Strandhotel in Panama City Beach an. Wir beziehen unser Zimmer mit Balkon
und Blick auf den Golf von Mexico.
Panama City Beach
Panama City Beach ist ein eher kleiner Ort und hat offiziell ca. 12.000 Einwohner. Offiziell bedeutet das, dass viele von den
Einwohnern
selten hier sind. Die meisten nutzen ihre Wohnungen selten da es meist ein Zweitwohnsitz ist und als Feriendomizil genutzt wird.
Wir packen die wichtigsten Sachen aus und beziehen unsere Liegen direkt am Stand.
Bei 35 Grad und einer warmen Golfbrise verbringen wir hier den Rest des Tages. Hin und wieder planschen wir im glasklaren
Wasser des Golfes - Temperatur ca. 30 Grad.
Als es dunkel wird verlassen wir den fast schneeweissen Strand und begeben uns auf unser Zimmer. Hier beschließen wir den
Abend auf dem Balkon mit einem Bier und einer Pizza bei Sonnenuntergang.
In diesem Jahr sind wir nur mit leichtem Gepäck unterwegs. Das bedeutet, das schwere vollgepresste Gepäck gehört der
Vergangenheit an. Unsere Koffer sind nur halb voll und es ist Halbzeit des Urlaubes. Da die Wäsche fast aufgebraucht ist
beschließen wir einen heutigen Waschtag. Wir füllen eine Waschmaschine und warten bei einem weiteren Bier bis unsere Wäsche
sauber und trocken ist. Einmal Waschen und Trocknen incl. Waschmittel 4$
Nach einem Nachmittag am weißen Sandstrand am Golf von Mexico geht es an die Ostküste. Es geht wieder einmal in die
Vergangenheit der Sklaverei. Unser heutiges Ziel an dem wir die nächsten Tage verbringen liegt in Georgia. Unser erstes Ziel an der
Ostküste ist Savannah.
Wir verlassen Panama City Beach in Richtung Osten. In Richtung Atlantik. Plötzlich mitten im Ort ändert sich das idyllische
Bild des beschaulichen Badeortes. Große Zerstörungen prägen nun das Bild der kommenden Landstriche.
Hier in Panama City Beach ist im Oktober 2018 der Hurricane Michael mit Windspitzengeschwindigkeiten von 250 Kilometern pro
Stunde an Land getroffen. Hurricane Michael ist der erste und einzige Hurricane mit der Kategorie 5 der seit Beginn der
Aufzeichnungen 1851 jemals aufgezeichnet wurde. Insgesamt gilt Michael als einer der mächtigsten Hurricans, der das US-Festland
traf. Noch heute, ein halbes Jahr danach sind die Zerstörungen noch allgegenwärtig.
In einigen Ortsteilen sieht es noch aus wie nach einem Krieg. Hunderttausende flohen damals ins Landesinnere. 75 Menschen
überlebten diesen Hurricane, der einen Schaden von über 100 Millionen Dollar verursachte, nicht.
In wenigen Minuten wurde eine Fläche fast so groß wie Bayern fast völlig ausradiert. Wir fahren an völlig zerstörten Supermärkten
und Häusern vorbei. In riesigen Waldstücken liegen alle Bäume entwurzelt noch völlig durcheinander. In anderen Waldstücken
hat der Sturm die großen Bäume einfach wie Streichhölzer in der Mitte abgeknickt.
Für uns in dem kleinen sicheren Deutschland ist es nicht vorstellbar welche Szenen sich immer wieder hier im Süden der USA
abspielen. Für die Einwohner hier gehört das zum Leben. Immer wieder bauen
sie das auf was ein Sturm zerstört. Auch hier in Panama City Beach sind noch überall die Aufbauarbeiten zu sehen.
Wir sind froh dass wir zu dieser Zeit nicht hier waren und verlassen nun die Golfküste in Richtung Norden. Wir durchqueren Florida
in seiner gesamten Breite und erreichen den Bundesstaat Georgia den wir wir fast in der ganzen Länge durchqueren.
Unterwegs, irgendwo im Nirgendwo sehe ich am Highwayrand ein kleines Restaurant - ein sehr kleines Restaurant und wir
bekommen Hunger. Kurz wird der Blinker gesetzt und wir machen eine Pause.
Das typische Südstaaten-Essen wird frisch zubereitet und war sehr lecker.
Am frühen Abend kommen wir in unserem Motel in Savannah an und hüpfen noch mal bei 28 Grad in den Pool.
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